10 bis 20 Paddel stechen synchron ins Wasser, durchtrainierte Sportler geben alles und ein Steuermann heizt ihnen mit einer großen Trommel ein: am 5. Tag des 5. Monats des Mondkalenders feiern die Chinesen das Drachenboot-Fest. In vielen Städten ist das eines der wichtigen Ereignisse des Jahres. An diesem Tag isst man auch Zongzi, ein meist dreieckiges Klebreis-Gericht. Beides zusammen hat eine lange Tradition und eine phantasievolle Erklärung.
“Duan Wu” (端午), das Fest, das wörtlich übersetzt “Anfang Mai” bedeutet, ist das drittwichtigste des Jahres. Nach dem chinesischen Neujahr und dem Mondfest. Warum sich ausgerechnet an diesem Tag Menschen mit Drachenbooten sportliche Wettbewerbe auf Flüssen liefern und warum ausgerechnet Zongzi gegessen werden, dazu gibt es mehrere Erklärungen.
Historiker glauben, dass alles schon 6000 vor Christus begonnen hat. Damals lebte in der Nähe des heutigen Shanghai der Stamm der Wuyue. Sie sollen schon damals Reis mit Bambusblättern gekocht und von ihren Booten aus in den Fluß geworfen haben. Der Grund findet sich in ähnlicher Form in vielen Zivilisationen: Sie wollten die Götter um eine gute Ernte bitten.
Populärer hingegen ist eine Erklärung, von der niemand so recht weiß, ob sie wahr ist oder nur ein phantasievolles Hirngespinst, das romantisch klingt. Sie beginnt im Jahr 300 vor Christus. Damals war China weit von dem entfernt, was es heute ist, sondern mehr eine Ansammlung von Königreichen, die alle miteinander verfeindet waren. In einem Königreich namens Chu im Süd-Osten des heutigen Chinas lebte Qu Yuan, ein Dichter und Politiker. Er soll damals seinen König davor gewarnt haben, dass das Land bald von Feinden erobert werde. Doch weil der König ihn ohnehin als nervigen Kritiker im Auge hatte und Qu Yuan damals etwas war, was man heute “Regierungskritiker” nennen würde, soll ihn der König ins Exil verbannt haben.
Dort wartete Qu Yuan, schrieb traurige Gedichte über sein Land und seinen Kaiser und musste aus der Ferne mit ansehen, wie er recht behalten sollte: Das Königreich Chu wurde erobert. Überliefert ist, dass sich der Dichter aus Frust und Trauer in einem Fluss ertränkt haben soll. Die Bewohner des Nachbardorfs sollen damals noch mit Drachenbooten nach ihm gesucht, ihn nicht gefunden haben.
Um wenigstens seinen Leichnam zu schützen, sollen sie Klebreis-Ecken ins Wasser geworfen haben, damit die Fische den toten Qu Yuan nicht auffressen. Ob das alles stimmt? Wer weiß das schon. Geblieben sind jedenfalls zwei Traditionen: Drachenbootrennen, die an die Suche der Dorfbewohner nach dem Leichnam erinnern. Und Zongzi, die Klebreis-Ecken.
Und noch etwas machen Chinesen zum Drachenboot-Fest. Es heißt nämlich auch Yulanjie , auf Deutsch: “Duftbadfest”. Früher nahm man an diesem Tag ein Bad mit Kräutern, die ätherische Öle enthalten, um sich vor Krankheiten und Insekten zu schützen. Heute, wo es längst chemische Hilfe dagegen gibt, hängt man aus Tradition noch Kräuter als Dekoration an die Tür.
Außerdem bekommen Kinder “Wu cai xian”: Armbänder, die aus 5 verschiedenfarbigen Fäden geflochten sind und sie vor Krankheiten und bösen Geistern beschützen sollen. Ein langes Leben sollen sie ebenfalls garantieren. Dazu gibt es manchmal ein kleines Säckchen, gefüllt mit Kräutern, das sich die Kinder um den Hals hängen. Eine Tradition, die bereits 2000 Jahre zurück reichen soll.
Und in manchen Orten in China gibt es noch eine umstrittene Tradition: Dort trinken Menschen “Realgar Wein”, ein alkoholisches Getränk mit einer bedenklichen Zutat: Rubinschwefel, ein Mineral, das aus einer Mischung aus Arsen und Schwefel besteht. Was für uns gefährlich und unappetitlich klingt, soll angeblich vor Krankheiten und Insekten schützen, wenn man sich damit einreibt oder es sogar trinkt. Weil Verfechter dieser umstrittenen Tradition diesen Wein zu Hause selbst zubereiten, fügen sie zu oft zuviel Rubinschwefel hinzu und es soll zu Vergiftungen gekommen sein. Statt “Realgar Wein” gibt es darum immer häufiger einfach Reiswein. Der hinterlässt am Tag nach dem Fest höchstens Kopfschmerzen. Ohne Lebensgefahr.