14 Millionen Menschen auf mehr als 2000 Quadratkilometern: Die japanische Hauptstadt Tokio ist eine Mega-Metropole. Auch die kulinarischen Möglichkeiten scheinen unbegrenzt. Wer japanisches Essen mag, findet hier für jeden Geschmack das passende. Allein im Stadtteil Tsukiji weiß man kaum, in welche Leckerei man zuerst reinbeißen soll.
Ein Besuch im Tokioter Stadtteil Tsukiji hat einen Pflicht-Programmpunkt: den alten Fischmarkt. Acht Straßen mit einer unüberschaubaren Anzahl von kleinen Geschäften und Restaurants. Eine Touristenattraktion vor allem am Morgen. Und eine, für die man Geduld braucht und oft Schlange stehen muss. Es gibt viele, viele Besucher und da kann es schon mal eng werden. Wer die Nerven behält, wird mit einer großen Auswahl an Leckereien belohnt.
Der Riesen-Cracker: Ebi Sanbei
“Ebi” bedeutet “Garnele”, “Senbei” bedeutet “Cracker”. Das klingt lapidar und beschreibt kaum, was auf dem Tsukiji-Fischmarkt verkauft wird. Ein riesiger, weißer, spektakulärer Cracker, so groß wie zwei Din-A4-Blätter, mit einer eingebackenen Garnele und so dünn wie ein Stück Pappe. Beim Verzehr ist also Vorsicht angesagt: das Riesen-Backwerk zerbricht leicht und rund um den Laden finden sich immer wieder Gebäck-Stücke auf der Straße. Wenn der Cracker aber unfallfrei im Mund landet, dann entfaltet er einen wunderbaren Geschmack: knusprig, würzig und nach Meeresfrüchten. Im Prinzip wie Krabbenchips aus dem asiatischen Supermarkt, aber die Größe und die Umgebung des Fischmarktes machen ihn zu einem spannenden Erlebnis. 6 Euro pro Riesen-Ebi-Sanbei verlangt der Händler dafür. Die Schlange vor seinem Laden lässt vermuten: das trifft den Geschmack der Besucher.
Frisch und saftig: Gegrillte Kamm-Muschel
Ein paar Läden weiter gibt es für zahlungswillige Kunden eine Augenweide: Muscheln, die von unten gegrillt und von oben mit dem Bunsenbrenner angeröstet werden. Allein schon die Zubereitung ist eine Augenweide. Japanische Kamm-Muscheln sind eine echte Gaumenfreude. Und die Auslage vor dem Geschäft zeigt – und ich hoffe, der Eindruck stimmt – dass die Meerestiere Stunden zuvor noch im Meer waren und jetzt auf dem Fischmarkt angeboten werden. Frischer geht’s kaum. Mit asiatischen Gewürzen schmecken sie saftig, leicht nussig und voller Umami. Und so groß, wie ich sie vorher noch nie gesehen haben. Pro Muschel müssen der Tourist und die Touristin 6 Euro in die Kasse legen.
Tamagoyaki – japanisches dickes Omelette am Stiel
Dass “Tamago” auf deutsch “Ei” bedeutet, wissen wir spätestens seit Japan die Welt 1997 mit dem Spiel “Tamagochi” beglückte. Ein elektronisches Ei mit einem außerirdischen Baby, um das man sich zeitaufwändig kümmern musste wie um echtes Kind. Tamagoyaki braucht da weniger Aufmerksamkeit: Reinbeißen und genießen genügt. Das gerollte Omelett wird mit Mirin, Sojasauce und Zucker gewürzt und normalerweise mit Stäbchen gegessen. Oft findet man es als Teil einer Sushi-Auswahl. Auf dem Fischmarkt gibt es Tamagoyaki in einer Variante am Stiel. Wie ein großer Lutscher, aber eben aus einer gebratenen Eimasse. Es schmeckt zart, gummig im positiven Sinne und leicht süß. Auf dem Markt kostet ein Exemplar etwa 2 Euro pro Stück.
Sushi around the clock
In der Mega-Metropole Tokio gibt es kulinarisch eigentlich nichts, was es nicht gibt. Und manches davon auch zu Zeiten, in denen deutsche Restaurantbesitzer längst ihre Läden abgeschlossen haben und die Kunden mit vollem Bauch im Bett liegen. Die Sushi-Kette “Sushisanmai” hat immer geöffnet. Sushi gibt es hier 24/7. 35 Niederlassungen hat die Kette in Tokio, 49 insgesamt in Japan. Die leckeren Fisch- und Meeresfrüchte-Kleinigkeiten gibt es hier also auch mitten in der Nacht. Und genau das wollte ich ausprobieren und habe das Haupt-Geschäft im Stadtteil Tsujiki sprichwörtlich um Mitternacht besucht. Und eine Überraschung erlebt: als ich das Geschäft um 0 Uhr betrete, ist der Laden voll. Und als ich ihn gegen 2 Uhr morgens verlasse, ist er es immer noch. “Viele japanische Sushi-Restaurants haben recht begrenzte Öffnungszeiten”, verrät mir der Manager Yoshinori Hashizume. “Manchmal schließen sie, wenn sie nicht mehr das komplette Fisch-Angebot vorrätig haben”. Das wollte der Firmengründer anders machen und die Einkaufsabteilung sorgt dafür, dass rund um die Uhr alle Zutaten vorrätig sind. Während ich hier sitze, frage ich mich: Wer um alles in der Welt hat mitten in der Nacht Verlangen nach Sushi? Manager Hashizume verrät: “Tagsüber haben wir oft Touristen, nachts kommen Menschen, die selbst in Restaurants oder Bars öffnen – oder auch Menschen, die ihren letzten Flug verpasst haben.” Sprichwörtlich mitten in der Nacht bestelle ich ein Sushi-Set mit verschiedenen Sushi, einer Suppe und geräuchertem Aal. Dafür bezahle ich 30 Euro. Das klingt nach viel, aber erfahrene Sushi-Esser wissen: auch hier in Deutschland rufen Restaurants dafür noch ganz andere Preise auf. Alles, was in meinem mitternächtlichen Mund landet, schmeckt frisch und lecker. So wie Sushi schmecken muss.
Noch etwas Süßes gefällig? Taiyaki
Zum Abschluss meiner kleinen Tsukiji-Tour gibt es Fisch, aber ganz anders als erwartet. “Taiyaki” ist ein süßes Gebäck in Fisch-Form. Übersetzt bedeutet es “Gefüllte Seebrasse”, ist aber eine Art gefüllte Waffel. Angeblich wird Taiyaki gebacken. In dem Straßengeschäft, in dem ich es gekauft habe, wurde es frittiert. Traditionell ist Taiyaki mit Anko gefüllt, einer süßen Paste aus roten Bohnen. Es gibt aber auch Versionen, die mit Custard, einer Art Vanille-Creme gefüllt sind. Außerdem Varianten mit Macha- oder Schokoladencreme. Achtung: wenn sie gerade frisch gemacht sind, kann die Füllung ziemlich heiß sein. Darum Vorsicht beim Reinbeißen. Taiyaki schmeckt süß, cremig und weich. Und im Straßenimbiss kosten sie etwa 2 Euro pro Stück.
Der Text entstand Anfang 2024. Alle umgerechneten Preise beziehen sich also auf diesen Zeitpunkt.